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Projekt des Monats April 2022

Einsatz von Drohnen in Flurbereinigungsverfahren, Stadt Leipzig

Schrägluftbild aus der Drohnenbefliegung im Flurbereinigungsverfahren „An der Deponie Lindenthal“, 2022
Schrägluftbild aus der Drohnenbefliegung im Flurbereinigungsverfahren „An der Deponie Lindenthal“, 2022   © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Im Amt für Geoinformation und Bodenordnung der Stadt Leipzig wurde im Jahr 2022 in der Abteilung Vermessung ein Drohnenteam eingerichtet. Innerhalb der Stadtverwaltung wurden bereits verschiedene Testprojekte in bebauten Gebieten durchgeführt. Weitere Einsatzgebiete sollten erschlossen werden.

Im Flurbereinigungsverfahren »An der Deponie Lindenthal« stand die Aufstellung der Wertermittlung an. Zum Zweck des Abgleichs der aktuellen Nutzungen mit den Wertzonen der Ländlichen Neuordnung wurde eine aktuelle Topographie-Aufnahme benötigt.

Aktuelle Daten aus Befliegungen liegen oft nicht in gewünschter Genauigkeit vor. Terrestrische Aufnahmen sind meist teuer und zeitaufwendig.

Schnell wurden sich Drohnenteam und Flurbereinigung einig, den Einsatz von Drohnen im Verfahrensgebiet zu testen und punktuell mit terrestrischen Aufnahmen zu vergleichen.

für die Befliegung verwendete Drohne
für die Befliegung verwendete Drohne  © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Verwendetes Modell:

DJI Phantom 4 RTK

Startgewicht:

1.391 g

Geschwindigkeit:

58 km/h

Flugzeit:

30 min

Betriebstemperatur:

0° bis 40°

Wind:

bis Stärke 5

Hinderniserfassung:

über Infrarot, 0,2 – 7 m

GNSS-Empfänger:

- Single-Frequency, high-sensitivity GNSS Modul
- GPS, GLONASS, Galileo, BeiDou
- Mobile Daten (SIM Karte im Steuergerät)
- Einwahl bei SAPOS-Dienst Sachsen und Empfang der Korrekturdaten (NTRIP-Verfahren)

Kamera:

- 1 Zoll CMOS Sensor mit 20 Megapixel
- Kamera-Verschluss mechanisch
- Gimbal 3-Achsen (Kipp-, Roll-, Schwenkachse)
- Videos in 4K-Qualität
- Objektiv: im Kalibrierungsprozess werden radiale und tangentiale Verzeichnungen bestimmt und in den Metadaten jedes Bildes gespeichert

Verfahrensumring des Flurbereinigungsgebiets »An der Deponie Lindenthal«
Verfahrensumring des Flurbereinigungsgebiets »An der Deponie Lindenthal«; Kartengrundlage: Stadtgrundkarte  © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Im Vorfeld der Befliegung mussten die geplanten Flüge bei der Aufsichtsbehörde beantragt werden. Das Verfahrensgebiet befindet sich im Kontrollbereich des Flughafens Leipzig/Halle. Deshalb musste zusätzlich eine Flugverkehrskontrollfreigabe bei der Flugsicherung eingeholt werden. Für die Erteilung der erforderlichen Genehmigung musste ein Zeitraum von ca. 14 Tagen eingeplant werden.

Die Flugplanung erfolgte unter Berücksichtigung der Größe des Verfahrensgebietes (ca. 55 ha), der Topographie (Hochspannungsleitungen, Schutzzonen, Wald), der zur Verfügung stehenden IT-Infrastruktur (Rechnerausstattung und Software) und der verwendeten Drohne. Auf diesen Grundlagen wurden die Parameter für die Flugplanung abgeschätzt.

Insgesamt erfolgte die streifenweise Befliegung in 80 m Flughöhe, mit einer Fluggeschwindigkeit von 4 m/s und einer Längs- bzw. Querüberdeckung von 80 % bzw. 70 %. Anhand dieser Parameter wurde eine Flugdauer von ca. 70 Minuten prognostiziert. Ausgehend von einer Flugzeit von 20 min pro Akku, waren 3 Zwischenlandungen der Drohne zum Batteriewechsel notwendig. Die vorab geplante Befliegung wurde dabei exakt an der letzten Aufnahmeposition automatisch fortgesetzt.

Zusätzlich wurde ein Video des gesamten Verfahrensgebietes aufgenommen.

Die Flüge konnten rechtzeitig im März 2022 vor dem Laubaustritt abgeschlossen werden.

Bei der streifenweisen Befliegung entstanden 980 Aufnahmen mit einer Gesamtgröße von ca. 8 GB. Sämtliche Daten wurden zunächst mit den vorhandenen Auswertetools und Softwareprodukten prozessiert. Die Orthofotos konnten mit einer Genauigkeit von 2-3 cm berechnet werden und der Flurbereinigung zur Verfügung gestellt werden.

Parallel zur Drohnenbefliegung erfolgte die klassische Vermessung der Topographie mittels Tachymeter und GNSS. Es wurden bevorzugt Bereiche aufgenommen, die mit der Drohne nicht erreicht werden konnten. Dies galt beispielsweise für Wege am Waldrand und für den Verlauf der ebenfalls baumbestandenen Gewässeroberkannte des vorhandenen Fließgewässers. Zudem wurden klare Kanten wie Zäune und Mauern sowie Nutzungsartenwechsel zwischen Wegen und angrenzender landwirtschaftlicher Nutzung erfasst.

Das Luftbild und die Daten der klassischen Topographie-Vermessung wurden in das Geoinformationssystem eingelesen. Es erfolgte eine Digitalisierung ausgewählter topographischer Linien mit ausgeblendeter Topographie-Messung. So konnten zum Beispiel Zaunverläufe optisch, ohne Einfluss anderer Informationen, bestimmt werden. Durch Zuschalten der klassisch ermittelten Linie konnte die erreichbare Genauigkeit der Digitalisierung aus dem Luftbild abgeschätzt werden.

Das nachfolgende Bild zeigt ein überzeugendes Ergebnis der Bestimmung einer Zaunlinie zwischen Orthofoto und klassischer Vermessung. Die Beton-Stützmauer im Gelände setzt sich im Bild klar als weiße Linie ab. Sie entspricht dem klassisch vermessenen Zaunverlauf.

Schwieriger gestaltet sich schon die Bestimmung der Zaunlinie an der westlichen Grundstücksgrenze. Diese ist durch einen Maschendrahtzaun und eine Koniferen-Hecke ausgebildet. Über die Fußpunkte des Schattenwurfs des Maschendrahtzaunes ließe sich der Zaunverlauf gut aus dem Orthofoto erfassen.

Vergleich klassisch ermittelter Zaunverlauf mit zu digitalisierender Stützmauer aus dem Orthofoto
Vergleich klassisch ermittelter Zaunverlauf mit zu digitalisierender Stützmauer aus dem Orthofoto  © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Im nachfolgenden Bild ist der Staketenzaun klar erkennbar. Zu beachten ist hier, dass es sich um den Schatten des Zaunes handelt. Durch die Bodenfreiheit der Tore erscheint der Schatten zurückversetzt. Über die klar erkennbaren Zaunsäulen (roter Pfeil in der Mitte) ließe sich der Zaun aus dem Orthofoto entsprechend der klassischen Vermessung bestimmen. Die korrekte Auswertung erfordert etwas Übung.

Vergleich klassisch ermittelter Zaunverlauf mit zu digitalisierenden Zaunverlauf aus dem Orthofoto
Vergleich klassisch ermittelter Zaunverlauf mit zu digitalisierenden Zaunverlauf aus dem Orthofoto  © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Im Vergleich der beiden nachfolgenden Bilder lässt sich der Zaunverlauf im Orthofoto selbst unter dem Baumbestand noch ausreichend genau erkennen (rote Pfeile im linken Bild). Im Feldvergleich stellte sich heraus, dass dies an dem Bord liegt, der den Doppelstabmattenzaun begleitet. Zudem ist im Luftbild eine Diskrepanz zwischen Zaunverlauf und Flurstücksgrenze erkennbar. Eine klassische Nachmessung dieser Situation ist notwendig, um einen eventuell vorhandenen Regelungsbedarf bestätigen zu können.

links: Zaunverlauf bildet sich durch vorgesetzten Bord ab (rote Pfeile); rechts: klassisch ermittelter Zaunverlauf (blaue Linie mit Zaunsignatur)
links: Zaunverlauf bildet sich durch vorgesetzten Bord ab (rote Pfeile); rechts: klassisch ermittelter Zaunverlauf (blaue Linie mit Zaunsignatur)  © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Die Beispiele zeigen, dass mit ausreichender Erfahrung das Digitalisieren der Topographie aus dem zur Verfügung gestellten Orthofoto gute Ergebnisse erzeugt. Diskrepanzen mit vermuteten Änderungsbedarf sowie durch Bewuchs verschattete Bereiche sollten weiterhin in klassischen Messweisen ergänzt werden.

Während der Auswertung entstand die Frage, ob aus der Drohnen-Befliegung auch Genauigkeiten von 1 cm erreicht werden können. Durch anpassen der Flughöhe der Drohne ist diese Auflösung realisierbar. Es ist jedoch zu beachten, dass mit Verringerung der Flughöhe eine entsprechend große Datenmenge entsteht, die mehr Rechen- und Speicherkapazität erfordert. Hier müssen Aufwand und Nutzen gegeneinander abgewogen werden. Das zur Verfügungstellen einer größeren Datenmenge kann über einen WMS-Dienst realisiert werden. Im Testgebiet konnte aus Sicherheitsgründen nicht niedriger geflogen werden, da das gesamte Verfahrensgebiet von einer 10kV-Hochpannungsleitung durchquert wird.

Die Lage der Böschungsoberkannte des Gewässers sollte ebenfalls ermittelt werden. Die Böschungsoberkante ist zu großen Teilen durch die angrenzende Baumreihe verschattet sowie im Böschungsbereich gleichmäßig mit Gras bewachsen. Damit lässt sie sich nicht ohne weiteres aus dem Luftbild ableiten.

Während der Drohnen-Befliegung wurde auch eine 3D-Punktwolke des Geländes aufgezeichnet. In Anlehnung an das Messen von Gewässerquerschnitten in einem vorgegebenen Abstand können alternativ Geländeschnitte am Gewässer bzw. die Böschungsoberkannten aus dieser Punktwolke gemessen und als Punkt- oder Linieninformation zur Weiterbearbeitung im GIS ausgegeben werden.

Bestimmung der Lage der Gewässeroberkante aus der 3D-Punktwolke
Bestimmung der Lage der Gewässeroberkante aus der 3D-Punktwolke  © Stadt Leipzig, Amt für Geoinformation und Bodenordnung

Im Verfahrensgebiet befinden sich Drainageleitungen zur Entwässerung des Feldes. Leitungspläne liegen jedoch leider nicht vor. Für die Planung von Aufwertungsmaßnahmen am Gewässer zum Erreichen eines guten Zustandes von Oberflächengewässern gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), wäre es hilfreich, die Lage vorhandener Drainageleitungen ermitteln zu können. Interessant wäre für diese Fragestellung sicherlich der Einsatz einer Drohne mit Hyperspektral-Kamera. Diese stand leider kurzfristig nicht zur Verfügung.

Aus den turnusmäßig durchgeführten Befliegungen des Stadtgebietes Leipzig standen der Flurbereinigung bereits Orthofotos des Vorjahres mit einer Auflösung von 10 cm zur Verfügung. Durch eine zeitnahe Befliegung des Verfahrensgebietes mit der Drohne konnten kurzfristig Orthofotos mit einer Auflösung von 2-3 cm zur bereitgestellt werden. Diese Daten wurden zügig aufbereitet und konnten bereits wenige Tage nach der Befliegung genutzt werden.

Im ländlichen Bereich ist mit Drohnen-Luftbildern eine ausreichende Genauigkeit für die Erfassung der Topographie erzielbar. Aufgrund der hohen Bildauflösung kann auch die Gewannenabgrenzung mit Hilfe des Orthofotos erfolgen. Sind im Luftbild Abweichungen zwischen Katastergrenze und örtlich vorhandener Grenze zur Wohnbebauung (z. B. Zaun) erkennbar, ist zusätzlich eine klassische Vermessung in diesen Bereichen notwendig. Durch Bewuchs verschattete Bereiche müssen bei Bedarf ebenfalls klassisch vermessen werden. Alternativ kann bei Verschattung die Ableitung von Geländekanten aus der 3D-Punktwolke in Betracht gezogen werden, wie am Beispiel des Gewässers getestet wurde.

Wiederholungsflüge zum Aufbau eines Luftbildarchives sind mit wenig zeitlichen Aufwand möglich, da die Flugdaten der Erstbefliegung wieder genutzt werden können und der Genehmigungsaufwand für den Flug selbst überschaubar ist. Die Prozessierung der Orthofotos läuft weitestgehend voll automatisiert. Der notwendige Speicherbedarf für die erzeugten Datenmengen muss beachtet werden.

Stadt Leipzig
Amt für Geoinformation und Bodenordnung
Burgplatz 1
04109 Leipzig
bodenordnung@leipzig.de
ofb@leipzig.de

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