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Projekt des Monats Dezember 2022

Auflösung von Landnutzungskonflikten durch Instrumente der Flurbereinigung - Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens Dresden-Schönborn (Wiesenbach); Stadt Dresden

Karte mit eingezeichnetem Verfahrensgebiet des Flurbereinigungsverfahrens
Verfahrensgebiet des Flurbereinigungsverfahrens Dresden-Schönborn (Wiesenbach)  © GeoSN, Stadt Dresden

Viele Gewässer weisen einen schlechten ökologischen Zustand auf. Mit der Umsetzung der (europäischen) Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) muss diesem Zustand entgegengewirkt werden. So auch am Wiesenbach in der Gemarkung Schönborn in Dresden. Schönborn liegt nördlich der Dresdner Heide an der Stadtgrenze und ist als Hufendorf landwirtschaftlich geprägt.

Der Wiesenbach ist ein verrohrter Zufluss zum Gewässer »Roter Graben«, welches wiederum in die »Große Röder« mündet. Die Landeshauptstadt Dresden, Umweltamt, verfolgt mit einer Planung zur Öffnung des Wiesenbachs die Renaturierung und damit die ökologische Aufwertung nach der Wasserrahmenrichtlinie. Hierbei ist vorgesehen, das verrohrte Gewässer wieder offen zu legen und naturnah zu gestalten. Gleichzeitig soll eine Verbesserung des Hochwasserschutzes in der Ortslage Schönborn durch einen angrenzenden Bauabschnitt am Schönborner Dorfbach erreicht werden. Der Planfeststellungsbeschluss für diese Maßnahme wurde im Juni 2020 erlassen. Allerdings geht mit der Renaturierung des Wiesenbachs ein Flächenbedarf in Höhe von ca. 2,2 ha einher. Einen Großteil der Flächen konnte die Stadt Dresden bereits im Vorfeld erwerben. Doch durch die Öffnung des Gewässers werden Eigentumsflächen zerschnitten und die landwirtschaftliche Nutzungsstruktur sowie deren Erschließung bzw. Erreichbarkeit beeinträchtigt.

Karte mit eingezeichneter >Maßnahme zur Renaturierung des Wiesenbachs
Maßnahme der Planfeststellung zur Renaturierung des Wiesenbachs und Verbesserung des Hochwasserschutzes am Schönborner Dorfbach  © GeoSN, Stadt Dresden

Im Bereich des Wiesenbachs existieren wenige Wege mit öffentlicher Widmung. Deren Funktion im ländlichen Wegenetz ist besonders durch eine marode Brücke über den »Roten Graben« nicht mehr gewährleistet. Viele sonstige Wege führen über privates Land und deren Nutzung wird geduldet. Private oder öffentliche Sicherungen bestehen bisher nicht. Insgesamt genügen diese Wege nicht den Anforderungen der heutigen landwirtschaftlichen Technik.

links: Brücke über den Roten Graben; rechts: Roter Grabenweg
Brücke über den Roten Graben (links); Roter Grabenweg (rechts)  © GeoSN, Stadt Dresden

Im Planfeststellungsverfahren zur Öffnung des Wiesenbachs wurden die Inanspruchnahme und Zerschneidung landwirtschaftlicher Nutzflächen, die Beeinträchtigung der Erschließung und die Bewirtschaftung im Ganzen von den betroffenen Landwirtschaftsbetrieben vorgebracht. Aus Sicht der Landwirtschaftsbetriebe wurden diese Beeinträchtigungen nicht angemessen berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der bestehenden Eigentumsstrukturen wurde eine Brücke über den offenzulegenden Wiesenbach geplant. Allerdings führt diese Brücke zu Mehrarbeiten bei den Landwirtschaftsbetrieben durch Ab- und Anhängen der Anbaugeräte und zu weiterem Flächeneinbußen durch die Kurvenradien beim Auffahren.

Die Landwirtschaftsbetriebe legten gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage beim Oberverwaltungsgericht Bautzen ein. Bis zur Entscheidung des Gerichts ist die Ausführung der Maßnahmen regelmäßig nicht zulässig. Ein gerichtliches Verfahren führt daher zu erheblichem Zeitverzug bei der Umsetzung der Planung.

Die Stadt Dresden beabsichtigte allerdings, den Hochwasserschutz zu Gunsten der Ortslage schnellstmöglich zu verbessern. Die Teilung des Planfeststellungsbeschlusses in die beiden Abschnitte (Wiesenbach und Schönborner Dorfbach) war verwaltungsrechtlich zu aufwendig.

Um den Hochwasserschutz vorgezogen umsetzen zu können, schaltete die Stadt Dresden die obere Flurbereinigungsbehörde ein. Ziel ist es, mit den Möglichkeiten der Flurbereinigung die Konfliktsituation abzumildern.

Unter der Leitung der oberen Flurbereinigungsbehörde wurden die Konfliktparteien außergerichtlich zu Gesprächsterminen eingeladen. Am Verhandlungstisch trugen beide Parteien ihre Sichtweisen und Probleme vor. Gemeinsam wurde die Örtlichkeit der Maßnahme in Augenschein genommen. Schnell wurde klar, dass das landwirtschaftliche Wegenetz im Bereich des Wiesenbachs eine Ursache des Konfliktes ist. Dies konnte im Planfeststellungsverfahren jedoch nicht geklärt werden. Mit Hilfe der Flurbereinigung kann dagegen ein breiterer Blick auf die Konfliktsituation geworfen werden.

Die Anpassung landwirtschaftlicher Wegenetze an die aktuellen Wirtschaftsbedingungen ist eine der Kernkompetenzen der Flurbereinigung. Gemeinsam wurde ein Konzept zur Erschließung der landwirtschaftlichen Nutzflächen erarbeitet, das von beiden Konfliktparteien mitgetragen werden kann. Die Stadt Dresden sagte die Übernahme der Investitionskosten zu. Im Gegenzug formulierten die Landwirtschaftsbetriebe die Klageschrift neu. Jetzt waren nicht mehr alle Abschnitte des Planfeststellungsbeschlusses betroffen. Dadurch kann die Verbesserung des Hochwasserschutzes in der Ortslage ohne weitere Verzögerungen durchgeführt werden.

Mit Flächentauschen kann der Flächenbedarf für die Maßnahme aus dem Eigentum der Stadt Dresden bereitgestellt werden. Dadurch geht den Landwirtschaftsbetrieben und Grundstückseigentümern kein Eigentumsland verloren.

Eigentum der Stadt Dresden im Bereich des Wiesenbachs (Maßnahme)  © Karte mit eingezeichnetem Eigentum der Stadt Dresden

Im Ergebnis der Verhandlungen wurde vor Gericht ein Vergleich zum Wiesenbach geschlossen. In diesem einigten sich die Parteien darauf, dass mit Hilfe eines Flurbereinigungsverfahrens der Landnutzungskonflikt aufgelöst Verfwerden soll. Wesentlicher Bestandteil ist die Sanierung der Brücke über den Roten Graben um einen Hauptwirtschaftsweg wieder seiner Funktion zuzuführen. Die Stadt Dresden trägt die Kosten des Flurbereinigungsverfahrens. Sie verpflichtete sich mit der Ausführung der Öffnung des Wiesenbachs zu warten, bis die Anpassungen des Wegenetzes ausgeführt werden und die Flächentausche absehbar sind. Die angestrebten Verbesserungen durch die Flurbereinigung werden bereits im Laufe des Verfahrens entstehen. Im Gegenzug lassen die Landwirte die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss fallen.

Durch die Steuerung im Flurbereinigungsverfahren können die erforderlichen Bauarbeiten am Wiesenbach und am Wegenetz aufeinander abgestimmt gemeinsam ausgeführt werden. So können die Bauzeiträume gestrafft werden, um die Einschränkungen der Landwirtschaft während der Bauphase gering zu halten.

Karte zum Erschließungskonzept als Grundlage der Konfliktlösung
Karte zum Erschließungskonzept als Grundlage der Konfliktlösung   © GeoSN, Stadt Dresden

Die Vorbereitungen eines Flurbereinigungsverfahrens wurden durchgeführt. Nach Aufklärung der Eigentümer in einer Versammlung vom 17. März 2022 mit anschließenden individuellen Gesprächen wurde eine Vereinfachte Flurbereinigung zur Auflösung des Landnutzungskonfliktes am 9. September 2022 angeordnet. Das Verfahren wurde kleinräumig abgegrenzt, um die geforderte Verbesserung des landwirtschaftlichen Wegenetzes zielgerichtet erreichen zu können. Für die betroffenen Grundstückseigentümer fallen keine Kosten an.

Verfahrensgebiet des Flurbereinigungsverfahrens Dresden-Schönborn (Wiesenbach)
Verfahrensgebiet des Flurbereinigungsverfahrens Dresden-Schönborn (Wiesenbach)   © GeoSN, Stadt Dresden

Aktuell laufen die Vorbereitungen zur Wahl eines Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft. Der Vorstand wird dann zielstrebig die erforderlichen Planungen zur Auflösung des Landnutzungskonfliktes angehen.

Mit Hilfe der Flurbereinigung können die Landnutzungskonflikte aufgelöst werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der örtlichen Landwirtschaftsbetriebe wird verbessert, weil Transportwege reduziert werden. Die Maßnahme zur Verbesserung der ökologischen Qualität des Wiesenbachs kann durchgeführt werden.

Die Vorteile der Flurbereinigung sind:

  • alle Sichtweisen der Konfliktparteien werden gleichrangig zur Lösungsfindung berücksichtigt (integrativer Ansatz),
  • es können Maßnahmen über die Grenzen der Fachplanung hinaus umgesetzt werden, um die Ursache der Konflikte aufzulösen,
  • die Flurbereinigung kann durch die Kernkompetenzen der Bodenordnung und der Anpassung des ländlichen Wegenetzes die Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaftsbetriebe positiv beeinflussen und zudem
  • werden die Planungen durch die örtlichen Akteure im Rahmen der Teilnehmergemeinschaft vorgenommen.

Dadurch trägt die Flurbereinigung aktiv zur Entwicklung des ländlichen Raumes bei.

Landeshauptstadt Dresden
Amt für Geodaten und Kataster
Abteilung Bodenordnung
Sachgebiet Flurbereinigung
Postfach 12 00 20
01001 Dresden
flurbereinigung@dresden.de

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