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Projekt des Monats

Geregelte Ströme – Sicheres Land: Unternehmensflurbereinigungsverfahren Hochwasserschutz Groß Särchen; Landkreis Bautzen

Eines der neu errichteten Wehre vor dem Umfluter, die den Abfluss regulieren
Eines der neu errichteten Wehre vor dem Umfluter, die den Abfluss regulieren  © Teilnehmergemeinschaft Groß Särchen

Im Osten des Landkreises Bautzen fließt das Hoyerswerdaer Schwarzwasser durch die flache Heide- und Teichlandschaft. Es entspringt an den Nordhängen des Lausitzer Berglandes aus verschiedenen Quellbächen und mündet bei Hoyerswerda in die Schwarze Elster. In den 1960er und 1970er Jahren wurde das Gewässer erster Ordnung vielerorts künstlich reguliert. Trotz seines sonst eher beschaulichen Verlaufs steigt der Wasserspiegel bei Starkregen schnell an, was wiederholt zu Überschwemmungen führte.

Besonders betroffen war die Ortschaft Groß Särchen in der Gemeinde Lohsa. Dort kam es in den Jahren 1981,1995 und 1996 zu schweren Hochwasserschäden an Wohnhäusern und öffentlicher Infrastruktur. Ursache hierfür waren die Begradigungen des Gewässerlaufes, die sehr flache Neigung des Gewässerbetts und die eingeschränkte Abflusskapazität des Hoyerswerdaer Schwarzwassers. Zudem war das Gewässer in der Ortslage Groß Särchen zu großen Teilen verrohrt, wodurch wichtige Überschwemmungsflächen fehlten. Insgesamt ging damit der natürliche Hochwasserschutz verloren.

In Folge der gehäuften Hochwasserereignisse erarbeitete der Freistaat Sachsen ein Hochwasserschutzkonzept für die Ortslage. Aufgrund der dichten Bebauung waren innerörtlich keine wirksamen Hochwasserschutzmaßnahmen realisierbar. Um den Wasserzufluss in die Ortslage zu begrenzen, wurden der Bau eines Umfluters, weitere Gewässerausbaumaßnahmen sowie der Rückbau mehrerer Wehre geplant. Der Umfluter sollte das überschüssige Wasser um den Ort herumleiten und den Wasserstand regulieren. Die Planungen der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen wurden 2004/2005 abgeschlossen und mündeten in einem Planfeststellungsverfahren.

Das Vorhaben erforderte umfangreiche Flächen. Dies brachte erhebliche Eingriffe in Eigentum und Bewirtschaftung der betroffenen Flächen mit sich. Die benötigten Flächen sollten bestenfalls ohne große Belastung für den Einzelnen und mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Landwirtschaft bereitgestellt werden. Die Enteignungsbehörde beantragte daher die Einleitung einer Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) bei der zuständigen Oberen Flurbereinigungsbehörde. Ziel war es, die Landbereitstellung für die Baumaßnahme einschließlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ohne förmliche Enteignungen sozialverträglich zu regeln, den Landverlust zu verteilen, die landwirtschaftliche Erschließung zu sichern und die Grundstücksstruktur zu verbessern. Im Jahr 2006 wurde das Unternehmensverfahren »Hochwasserschutz Groß Särchen« angeordnet, wobei die Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen als Unternehmensträger fungierte.

Nach der Planfeststellung für die Gewässermaßnahmen konnten der Landestalsperrenverwaltung die benötigten Flächen zeitnah zur Verfügung gestellt werden, so dass unverzüglich mit dem Bau des Umfluters begonnen werden konnte. Bereits 2008 erfolgte dessen Einweihung. Die Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen schloss sich an.

Nach der Anordnung der Flurbereinigung übernahm die Teilnehmergemeinschaft den Grunderwerb für die Flächenbereitstellung. Da die Trasse des Umfluters über die ertragreichsten Böden des Verfahrensgebietes verlief, war ein freiwilliger Erwerb aller betroffenen Flächen nicht möglich. Um die betroffenen Eigentümer angemessen entschädigen zu können, mussten zusätzliche Flächen als Tauschland bereitgestellt werden. Zusätzlich meldete die Landestalsperrenverwaltung weiteren Flächenbedarf an, der über das Planfeststellungsverfahren hinausging. So sollten beispielsweise Deichanlagen am Ufer des Hoyerswerdaer Schwarzwassers erworben werden. Letztendlich wurden rund 15 ha Fläche über so genannte Landverzichtserklärungen nach § 52 FlurbG durch die Teilnehmergemeinschaft bereitgestellt. Dabei verzichten die Eigentümer auf ihre Flächen und erhalten stattdessen eine Abfindung in Geld. Abschließend erwarb die Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen insgesamt 20,3 ha Fläche. Ein Landabzug nach § 88 FlurbG war dabei nicht nötig.

neu errichteter Umfluter mit Begleitweg und Baumreihe
Der im Flurbereinigungsverfahren »Hochwasserschutz Groß Särchen« neu errichtete Umfluter mit Begleitweg und Baumreihe.  © Teilnehmergemeinschaft Groß Särchen

Eine Vielzahl von Flurstücken war mit Rückübertragungsansprüchen ehemaliger Eigentümer oder deren Erben nach dem Vermögensgesetz belastet. Diese Ansprüche erschweren die Durchführung der Flurbereinigung, da die Eigentumsverhältnisse rechtlich nicht abschließend geklärt sind und somit die Neuordnung der Flurstücke erschwert wird. Erst durch eine finanzielle Abgeltung oder Neubewertung der Ansprüche können klare Eigentumsverhältnisse geschaffen und die Grundstücke sinnvoll neu geordnet werden. Auch die Gemeinde Lohsa besaß betroffene Flächen, deren Ansprüche im Rahmen einer Vereinbarung mit dem Entschädigungsfonds für das gesamte Gemeindegebiet finanziell abgegolten wurden. Durch Neubewertungen ab dem Jahr 2016 verringerte sich die Anzahl der angemeldeten Ansprüche erheblich. Dadurch konnten die Grundstücke in der Flurbereinigung sinnvoll zusammengelegt werden, sodass ihre Anzahl von 368 auf 206 sank.

links: kleinteilige Grundstücke; rechts größere Grundstücke durch die Maßnahmen der Flurbereinigung
Verteilung der Grundstücke im Verfahrensgebiet vor (links) und nach (rechts) der Flurbereinigung  © Teilnehmergemeinschaft Groß Särchen
neu errichtetes Wehr vor dem Umfluter
Eines der neu errichteten Wehre vor dem Umfluter, die den Abfluss regulieren.  © Teilnehmergemeinschaft Groß Särchen

Die Finanzierung wurde durch eine Finanzierungsvereinbarung zwischen der Landestalsperrenverwaltung und der Flurbereinigungsbehörde geregelt. Der Unternehmensträger übernahm alle Kosten für die Ausführung der Maßnahmen, so dass für die Teilnehmer keine Eigenleistungsbeiträge anfielen.

Letztendlich wurde ein für alle Beteiligten vorteilhafter Flurbereinigungsplan aufgestellt. Durch das Verfahren konnte der Hochwasserschutz in Groß Särchen zügig und nachhaltig verbessert werden. Der Umfluter leitet im Hochwasserfall das überschüssige Wasser sicher um den Ort herum und schützt so die Bewohner und die Infrastruktur. Gleichzeitig wurde durch die Flurbereinigung eine sozialverträgliche Flächenbereitstellung erreicht, ohne die landwirtschaftliche Nutzung unverhältnismäßig zu beeinträchtigen. Aufgrund der umfangreichen Bemühungen beim Grunderwerb konnte die gesamte benötigte Fläche einvernehmlich bereitgestellt werden, so dass keine Flächenabzüge bei den Teilnehmern erforderlich waren.

Dank der engen Zusammenarbeit zwischen der Teilnehmergemeinschaft, der Landestalsperrenverwaltung, der Gemeinde Lohsa und den beteiligten Eigentümern konnten alle Interessen berücksichtigt werden. Besonders bemerkenswert ist, dass es keine Widersprüche zur Wertermittlung, zum Flurbereinigungsplan und zur Ausführungsanordnung gab. Das erfolgreiche Verfahren verdeutlicht, dass durch transparente Kommunikation und eine kooperative Planung nachhaltige Lösungen für den Hochwasserschutz möglich sind.

Landratsamt Bautzen
Vermessungs- und Flurneuordnungsamt
Sachgebiet Flurneuordnung
Bahnhofstraße 9
02625 Bautzen
flurneuordnung@lra-bautzen.de

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