Hauptinhalt

Projekt des Monats September 2023

Schutz der Ortslage Berbisdorf vor Starkregen; Landkreis Meißen

Fertiggestellte Speichermulde im Dezember 2022
Fertiggestellte Speichermulde im Dezember 2022  © TG Berbisdorf
privat angelegte Gräben und Verwallungen
privat angelegte Gräben und Verwallungen  © TG Berbisdorf

Am Rand der Ortslage Berbisdorf kam es bei Starkregenereignissen immer wieder zu Überschwemmungen der anliegenden Wohngrundstücke. Die Anwohner hatten in Zusammenarbeit mit dem Bewirtschafter deshalb eigene Gräben und Verwallungen angelegt, die die auftretenden Wassermassen aber nicht von den Grundstücken fernhalten konnten. Nach dem letzten Starkregenereignis 2019 wurde daher geprüft, ob mit Hilfe des seit 2018 angeordneten Flurbereinigungsverfahrens Berbisdorf eine Lösung der Situation erarbeitet werden kann. Neben der Schädigung der direkt angrenzenden Flurstücke kam es bei den Regenereignissen auch immer wieder zu erheblichen Ausschwemmungen und Eintragung von Oberboden in die Promnitz.

Auszug aus der Hydrologischen Studie zum neuen Anbau, Berbisdorf
Auszug aus der Hydrologischen Studie zum neuen Anbau, Berbisdorf  © HOLINGER Ingenieure GmbH

Zur Bewertung der Durchführbarkeit wurde zunächst eine hydrologische Studie in Auftrag gegeben, die die Abflussmengen und Fließwege analysieren sollte.

Die Studie ergab drei Hauptwege, in denen das Wasser abfließt. Dieses sollte in einer Speichermulde gefasst werden. Zudem sollte der Fließweg des Wassers so gestaltet werden, dass es gebremst in die Mulde strömt und diese somit vor Verschlammung geschützt wird. Die untere Wasserbehörde gab vor, dass kein Wasser in die Promnitz eingeleitet werden darf. Mit mehreren abgestuften Hecken sollte das abfließende Wasser verlangsamt und in die Speichermulde geleitet werden, bevor es die Flurstücksgrenzen der anliegenden Wohngrundstücke erreicht.

Ausführungsplanung der Hecken und der Speichermulde
Ausführungsplanung der Hecken und der Speichermulde  © TG Berbisdorf

Weitere Bedingung bei der Planung der Maßnahme war, dass die Flächen so gut wie möglich weiter für die Bewirtschaftung zur Verfügung stehen. Für die Ausführung wurden daher nicht nur hydrologische und topografische Aspekte berücksichtigt, sondern auch agrartechnische Anforderungen betrachtet. Dafür wurden die Böschungsbereiche weitgehend parallel geführt und die Kurvenradien nach den Vorgaben des Bewirtschafters gestaltet. Außerdem wurde ein flacher Böschungswinkel von 1:5 geplant. Aus diesen Parametern wurde eine 170 m lange und 38 m breite Mulde modelliert, die sowohl auf dem Damm und der Böschung als auch dem Muldengrund mit Maschinen bewirtschaftet werden kann. Mit einem Speichervolumen von 2500 m³ übersteigt die Mulde ein alle 100 Jahre wiederkehrendes Bemessungsereignis. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Mulde auch noch nach einer Geometrieveränderung durch jahrzehntelange Bewirtschaftung und für kurzfristig mehrfach auftretende Regenereignisse funktioniert, ohne überzulaufen.

Die Hecken sollten neben ihrer Leitfunktion auch einen ökologischen Beitrag leisten. Die Auswahl der Pflanzenarten und die Zusammensetzung der Hecke erfolgte daher nach Maßgabe der unteren Naturschutzbehörde. Die Lage am Hang wurde so gewählt, dass der Hauptfließweg unterbrochen und das Wasser in zwei Stufen in Richtung Mulde geleitet wird. Der Abstand der Hecken wurde so abgestimmt, dass eine effiziente Bewirtschaftung mit dem mittelfristig geplanten Maschinenpark des Bewirtschafters möglich ist. Im Ergebnis wurden zwei 5-reihige Hecken mit 12 m Breite und einer Gesamtlänge von fast 250 m geplant. Der Abstand zwischen den Hecken beträgt dabei 60 m. Zum vorhandenen Bewuchs und zu den bebauten Flurstücken wurde ein Abstand von 30 m festgelegt. Dabei wurden auch zukünftig geplante Nutzungsänderungen zur Aufwertung der intensiv genutzten Ackerfläche berücksichtigt, die im Rahmen der Planungen durch Eigentümer angezeigt wurden.

Da sich der überwiegende Teil des Verfahrensgebietes in FFH-Schutzgebieten befindet, ist für die Aufstellung des Wege- und Gewässerplanes ein hoher Koordinierungs- und Planungsaufwand erforderlich. Um schnellstmöglich eine Schutzwirkung für die Anlieger und den Bewirtschafter zu erreichen, wurden die beiden Maßnahmen in einem Teilplan nach § 41 FlurbG zusammengefasst und in der Genehmigung und Ausführung vorgezogen.

Einbau der Bodenschichten. Im Vordergrund die Speichermulde, im Hintergrund der großflächige Einbau des überschüssigen Unterbodens
Einbau der Bodenschichten. Im Vordergrund die Speichermulde, im Hintergrund der großflächige Einbau des überschüssigen Unterbodens  © TG Berbisdorf

Die Ausführung der kombinierten Maßnahmen begann mit der Herstellung der Speichermulde. Dabei stellte die fachgerechte Trennung, Abtragung und Lagerung des Bodens eine besondere Herausforderung dar. Die Maßnahme wurde ohne den Abtransport oder Zulieferung von Material realisiert. Die entnommenen Bodenschichten wurden unter Wahrung der natürlichen Bodenhorizonte im direkten Umfeld wieder eingebaut. Dabei sollten weder das Relief des Hanges, noch die Sickerfähigkeit des Bodens beeinträchtigt werden, um die Funktion der Speichermulde nicht zu gefährden. Gleichzeitig galt es, die Ertragsfähigkeit des Bodens zu erhalten.

Nach Fertigstellung der Speichermulde und der Wiederherstellung des Oberbodens auf dem gesamten Schlag wurde mit der Anpflanzung der beiden Hecken begonnen.

Erstbewirtschaftung der Speichermulde. Um die Profilierung des Dammes zu erhalten, sind kleinere Maschinen notwendig als auf dem Rest des Schlages
Erstbewirtschaftung der Speichermulde. Um die Profilierung des Dammes zu erhalten, sind kleinere Maschinen notwendig als auf dem Rest des Schlages  © Agrargenossenschaft Radeburg eG

Der Schutz vor wild abfließendem Oberflächenwasser ist grundsätzlich Aufgabe des Eigentümers. Aufgrund der Auswirkungen auf die Promnitz als Gewässer II. Ordnung und der Schäden bei den Anwohnern hat aber auch die Stadt Radeburg ein erhebliches Interesse an der dauernden Funktionsfähigkeit und dem Bestand der umgesetzten Maßnahmen. Auch wenn bei der Planung der Speichermulde auf die Bewirtschaftbarkeit Rücksicht genommen wurde, erfordert der Muldenbereich einen höheren Bewirtschaftungsaufwand als der Rest des Schlages. Außerdem können die baulichen Maßnahmen nur einen Teil des Erosionsschutzes bei Extremwetter übernehmen. Einen weiteren Beitrag muss die Bewirtschaftung leisten. Um mehr Bodenschutz zu erreichen, ohne auf eine Umnutzung zu Grünland zurückgreifen zu müssen, nutzt die Agrargenossenschaft die Rahmenbedingungen der aktuellen Agrarförderung und bestellt den Schlag mit Luzerne. Damit liegt der Boden in den kritischen Herbst- und Frühlingsmonaten nicht offen. Die Unterhaltung und Pflege der Speichermulde und der Hecken erfolgt ebenfalls durch die Agrargenossenschaft Radeburg. In der Bodenordnung soll der gesamte Bereich und damit auch das Eigentum an den Anlagen ins Eigentum der Agrargenossenschaft übergehen. Die Funktion der Schutzanlagen wird dann zugunsten der Stadt Radeburg im Grundbuch gesichert. Auf diese Weise profitiert die Stadt davon, dass für die Unterhaltung keine zusätzlichen Flurstücke und zugehörige Erschließungsanlagen notwendig werden und die Funktionstüchtigkeit und somit auch die Investition in die Schutzmaßnahmen dennoch dauerhaft gesichert wird. Die Bewirtschafter profitieren trotz eines höheren Pflegeaufwandes von einem weiterhin zusammenhängenden Schlag mit geringem Flächenverlust.

Die Kosten für die Herstellung der Speichermulde und Hecken belaufen sich auf ca. 170.000 €. Den Eigenleistungsanteil von 17 % trägt dabei die Stadt Radeburg. Mit einem Fördersatz von 83 % werden die Maßnahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)« durch die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Sachsen bezuschusst.

Die Maßnahmen am neuen Anbau vereinen mehrere Ansätze, die im Flurbereinigungsverfahren Berbisdorf verfolgt werden. Zuerst soll das Verfahren die Umsetzung des Hochwasserschutzkonzeptes der Stadt Radeburg unterstützen. Die Abflussmengen in die Promnitz zu reduzieren geht einher mit der Zielstellung, Oberflächenwasser am Entstehungsort zu halten und nicht abzuleiten. Die Verbesserung des Wasserhaushaltes wird auf diese Weise mit dem Schutz des Bodens und der Ortslage vor Extremwetterereignissen verbunden. Gleichzeitig kommen Wasserregulierungsanlagen regelmäßig mit einem erheblichen Flächenverbrauch einher und vergrößern die Landnutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft, Umweltschutz und Infrastruktur. Indem alle Teilbereiche Kompromisse in punkto Wirkung, Effizienz oder Umfang machen, können diese Nutzungen miteinander vereinbart werden. Kombinierte Lösungen bedingen sich darüber hinaus aber auch durch angespannte Finanzlagen bei Kommunen und Bewirtschaftern. Singuläre Maßnahmen und absolut betrachtete Zuständigkeiten verkomplizieren und verteuern mittelfristig den Unterhaltungsaufwand. Die Rolle der Flurbereinigung liegt hier also weniger in der eigenständigen Erarbeitung der Lösungen. Wichtiger war die Moderation der Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Kommunen und Fachbehörden und die Unterstützung der lokalen Akteure bei der Erarbeitung individueller, nachhaltiger Ansätze. Die Kernkompetenz der Bodenordnung und das eigene Fachplanungsrecht der Flurbereinigung erweitern die Möglichkeiten und erleichtern die Umsetzung.

Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Berbisdorf
beim Landratsamt Meißen
Kreisvermessungsamt, SG Flurneuordnung
Postfach 100152
01651 Meißen
E-Mail: KVmA.Flurneuordnung@kreis-meissen.de

zurück zum Seitenanfang